Sonntag, 15. Juni 2008

15.6.2007

Ein Jahr - 365 Tage. Wie schnell doch die Zeit vergeht...

Meine Vorahnung wurde Wirklichkeit, wer hätte sich das gedacht? Ich hab mich fast davor gefürchtet... nicht, daß es Wirklichkeit wird, sondern daß ich unbewußt alles mache, um es nicht Wirklichkeit zu werden.

Ein Jahr Enthaltsamkeit. Ein Jahr, an dem ich am Morgen niemals überlegen musste, wer denn neben mir liegt und was ich da schon wieder angestellt habe. Ein Jahr, das für mich Ausnahmezustand war. Ein Jahr, in dem ich wohl mich mehr gefunden hab als in den Jahrzehnten zuvor.

Vielleicht ist das mit ein Grund, warum ich Launen, Stimmungen nicht nachgab. Möglichkeiten gab es mehrere. In den Wind geschlagen hab ich sie alle.

Ein Jahr Enthaltsamkeit.
Ein Jahr lang, dass ich vernünftig bin, doch was ist schon Vernunft...

Stellenweise zweifelte ich an mir, doch die meiste Zeit hab ich nichts vermisst. Doch an Tagen wie heute sehne ich mich nach Zärtlichkeiten, körperliche Nähe und Atemlosigkeit.

Eines weiß ich. Aus diesem Jahr werden keine zwei.

liebende Hände...

...wie die Hände einer Mutter, die ihrem Kind über den Kopf streicht
...wie die Hände eines Ehepaares, das schon 50 Jahre verheiratet, wenn sie vorm Haus auf dem "Altenbankerl" sitzen und ineinander verflochten sind
...wie die Hände eines frisch verliebten Teenagerpaares, das selbst bei der Billa-Kassa nicht die Finger von einander lassen kann
...wie die Hände einer Turnusärztin auf der Onkologie, die über den Kopf eines sehr jungen Patienten streicht

oder eben der Hingucker in einem Prospekt für Massagen... Darunter: Ayuvedamassage

Man sieht, mit dem richtigen Wort ist jeder zu ködern. Jeder, der noch so werbungsresistent ist, hat so Schlüsselworte, auf die er anspringt. Dass dann ich auf "liebende Hände" anspringe, liegt ja auf der Hand, aber auch meine Schwester??

Sie ist die erste. Als sie wieder rauskam, hat sich die Farbe ihres Bademantels geändert. Aus weiß wurde grün. Hä? Die Haare wie in den 50iger Jahren mit einer dicken Schicht Öl zurückgekämmt, ein Lächeln, kurz ein Augenverdrehen, ein nervöses Lachen. Bis zur Gebärmutter fahren sie - Mehrzahl!

oh la la.... 4 Hände! Das macht mir ja bei Massagen nervös (hoppla, wie das klingt! Auch sonst macht mich das nervös... ähm.. WÜRDE mich das nervös machen) - da wüßt ich ja gar nicht, auf welche Hand ich mich konzentrieren sollte...

Nun gut... Also 4 Hände und viel Öl.

Ich werde in ein Nebengebäude des Spas geführt, gedämpftes Lied, indische Musik, dunkle Möbel. Die Masseusin so wie man sich eine solche klischeehaft vorstellt. Sehr korpulent, älter, hat nichts hübsches an sich. Eher wie eine Brustschwimmerin aus der DDR, die körperlich aus den Fugen geraten ist. Männer mit Träumen von einer zierlichen, indischen Schönheit wären sehr enttäuscht.

Die zweiten zwei Hände gehören... einem sehr großen, stämmigen, breitschultrigen Mann aus.. hm.. Indien? Sri Lanka? Keine Ahnung. Inmitten der Überlegung ob der Herkunft entlangte endlich die wesentlichere Information in mein Hirn: ein Mann? Oh... ... ... nun gut, prüde bin ich ja nicht... Die nächste Information: Slip aus und Papierslip an... Ähm... ich bin zwar nicht prüde, aber könnt ich mich wo unbeobachtet umziehen???

Das "Bett" ein riesiger dunkelbrauner, fast schwarzer Tisch, eine erhobene Kante - es wirkt fast wie ein Auffangbecken - einige grüne Handtücher aufgebreitet. Zuerst auf den Bauch. Erwärmtes, fast schon heisses Öl wird auf mich gegossen. Ja, gegossen, geträufelt wäre eine Untertreibung schlechthin.

4 Hände setzen sich in Bewegung. Erstaunlich flink und schnell... fliessend, überraschend synchron. Manchmal kann ich eine Hand nicht von der anderen unterscheiden. Kurz stelle ich die Vermutung an, dass beide über die längste Zeit jeweils nur eine Hand verwenden, da der Mann immer wieder meine Hand hält. Doch dann fliessen meine Gedanken im Fluss der Bewegungen weg.

Umdrehen! Dieses Wort holt mich in die Realität zurück. Erstaunt bemerke ich, dass der Masseur meinen Nacken hält, während ich mich wie ein Walroß (mindestens genauso grazil) auf den Rücken rolle.

Kurzfristig wünschte ich, nicht die Kontaktlinsen zu tragen. Da würde ich trotz offener Augen nichts sehen. So erstarrt mein Blick auf den beiden, da ich wie ein "Opfer am Opfertisch aufgebahrt" bin. Schnell die Augen schließen - ich will den beiden nicht zuschauen, wenn sie meine Vorderseite massieren.

Meine Beide werden gegrätscht... Hallo, hallo? Das Wort "Gebärmutter" schiesst mir durch den Kopf.... will ich das? Bevor ich aber auch nur irgendeine Reaktion setzen kann, rückt der Mann meinen Papierslip zurecht. Zurecht ist nicht das richtige Wort - er zieht ihn vielmehr hinunter? zur Seite? Doch dann werden schon meine Innenschenkel massiert. Auch an den oberen Regionen meiner Schenkel, wo ich sonst nur durch "liebende Hände" meiner Lover berührt wurde.

Wie beim "ersten" Mal mit einem neuen Liebhaber spannt sich mein Körper an - alle Muskel verfallen in die Spannung vor einem Start zu einem 100 m Lauf. Doch die flüssigen, gar nicht zögernden Bewegungen der Hände vermitteln mir so was wie Normalität, übliche Bewegungen am Körper einer zur Massierenden - nichts, rein gar nichts deuten darauf hin, mein Körper wäre ausschlaggebend. Das entspannt kurzfristig.

Kurzfristig bis zum Hinwenden zu meinem Oberkörper. Ja, ich genoß schon mal vorher Ganzkörpermassagen. Meine Brüste wurden dabei aber immer ausgelassen. Ich gebe zu, von meinen 80A erkennt man nicht mehr viel, wenn ich am Rücken liege. Aber das ist noch lange kein Grund, meinen Oberkörper wie den eines Mannes zu behandeln.

Doch scheinbar entspannt diese Massage durchaus - diese Gedanken schiessen mir zwar durch den Kopf und ich bemerke Fluchtgedanken, doch die Übertragung meines Kleinhirns an die Muskeln hat ausgesetzt.

Irgendwann werde ich wie eine Puppe aufgerichtet, mein Nacken massiert, die Schultern und dann.... die Haut unter meiner Unterlippe. Ich geniesse Gesichtsmassagen durchaus, aber diese Berührung hatte was von... "na, mein Zuckergoscherl, wie gehts denn" an sich.

Dämmrig taumel ich wieder hinaus - in einem grünen Bademantel, vor Öl triefend. Brav befolge ich die Anweisung, noch 30 min zu rasten und dann erst zu duschen. Ich finde in dem Nebel, der mich umgibt, in der Nähe einen Liegestuhl, bette dort meinen "geschundenen" Körper und schlafe in der Sekunde ein.

Ich wurde erst wieder wach, als meine Schwester wie mit Geisterhand plötzlich neben mir auftauchte. Wir fragten uns, wozu überhaupt so ein Papierslip, den ich immer doch von Öl durchtränkt trug und der sich dadurch mehr wie eine benutzte, längst überfällige Binde anfühlte, ausgeteilt wurde.

Ungefähr so stelle ich mir Thai-Massagen vor, bei deren Vorstellung Männer meist glasige Augen und einen Ständer kriegen vor. Glasige Augen hab ich auch, Ständer naturgemäß als Frau keinen, aber auch nicht die geringste Spur von Erregung.

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