Freitag, 21. September 2007

Das perfekte Dinner

Ich koche dann und wann gerne auf. Jahrelang bekochten wir uns im Freundeskreis einmal pro Monat abwechselnd. Einzige Bedingung: koche etwas, was du noch nicht gekocht hast. Da man/frau üblicherweise bei Gästen nur Bewährtes kocht, war diese Bedingung zunächst eindeutig erschwerend, machte es aber für alle Beteiligten noch reizvoller. Wunderbare, exotische 3 Gänge-Menüs wurden gekocht.

Mittlerweile fehlt mir ehrlicherweise die Übung, doch der Spaß blieb, wenngleich die Küche sich sofort in Chaos verwandelt.

So blieb auch mir die TV-Sendung "Das perfekte Dinner" nicht verborgen. Allerdings beschränkte sich mein Genuß auf wenige Sendungen, da mir die Gäste zumeist völlig zuwider sind. Wieso glauben Vegetarier, daß auf sie automatisch Rücksicht genommen wird (wenn man gar nicht weiß, daß sie Vegetarier sind), für die diversen Vorlieben/Abneigungen kann der Gastgeber doch nicht im Vorfeld Fragebögen austeilen und die Bewertungen/Kommentare - wie soll ich sagen? Die meisten kochen vermutlich zu Hause Fertiggerichte und spielen sich plötzlich als Gourmets auf. Die Suppe war zu wenig fluffy (was heißt das eigentlich), das Fleisch einen Hauch zu durch und nein, das Dessert - viel zu süß (um vom nächsten Gast viel zu wenig süß beurteilt zu werden). Abgerundet wird diese Gruselshow durch völlig ungeniertes Herumstöbern in der Wohnung des Gastgebers. Ich würde ihnen ja auf die Finger klopfen.

Davon abgesehen, was bedeutet "perfektes Dinner"? Im privaten Kreis esse ich gerne etwas Gutes, ich möcht nicht zu noch mehr Essen animiert werden (á la - komm, du schaust so schlecht aus) und sonst möchte ich mich gut unterhalten. Das Essen steht nicht im Vordergrund, sondern die Menschen, die ich treffe. Mich nett unterhalten, sich endlich wieder sehen und kurzweilige Gespräche.

Gestern aber.... hm... Das war eine beispiellose Vorführung von Verhalten wie ich sie an einem gemütlichen Abend NICHT brauche.

Das Goldschühchen putzte wie eine Wilde die Küche, sah mich, strahlte mich an und jammerte 15 min über den Streß, den sie tagsüber hatte (Anm: sie hatte gestern frei). Meine Unterhaltung mit Sonnenschein unterbrach sie ständig (ohne sich zu entschuldigen) und machte ihm Vorwürfe ohne Ende (wieso hast du dort nicht angerufen, hast du das erledigt, die Mieter wollten wieder was, die Putzfrau).

Beim Essen unterbrach Goldschühchen wieder einmal und meinte, sie hätte eine neue Idee! Sie wolle nur mehr 20 Stunden arbeiten und... sie wußte auch bereits den modus operandi, der aber Sonnenschein offensichtlich zuwider war. Eine eheliche Diskussion entbrannte.

Sonnenschein zündete sich in der eigenen Küche eine Zigarette an (ich damit auch) und Goldschühchen zückte einen Aschenbecher von 3,5 cm Durchmesser. Eindeutige Aufforderung, nicht zu rauchen. Jeder weiß, daß ich Nichtraucherzonen akzeptiere, sofern sie ausgesprochen sind. Das kann sie nicht, schließlich raucht der Ehemann und damit fängt der subtile Terror an: Jammern über die Vorhänge (die sie bügeln müsse), Aufreissen der Fenster in Abständen von 10 min (am Ende des Abends hatte die Küche eine Zimmertemperatur von 14 Grad).

Bei solchen Aktionen werde ich immer leicht bockig und rauche doppelt so viel ;-)

Nach dem Essen blieben wir in der Küche einfach sitzen und redeten zunächst über Gott und die Welt. Sie blätterte in einem Bestellkatalog, sparte aber mit Kommentaren nicht. Danach obligatorisches, exzessives Putzen der Küche (begleitet von lautstarken Kommentaren) und sie zählte auswendig alle Gerichte der vergangenen Diät auf. Warf Sonnenschein vor, vielzuviel zu wiegen (ähm.. stimmt durchaus) und zwang ihm dann noch den letzten Apfelstrudel auf. Danach setzte sie sich und manikürierte & lackierte ihre Fingernägel.

Beim Erzählen ihres Urlaubs korrigierte sie Sonnenschein ständig wegen Nichtigkeiten, um plötzlich von der Glühbirne im Keller zu erzählen. Bei meinen Urlaubserzählungen stellte sie wiederholt fest, der Satellitenreceiver der Zentralstation ginge nicht.

Irgendwann blendeten Sonnenschein und ich sie mehr oder weniger aus. Daraufhin schmollte sie, stellte sich an die Wand (es zieht ja auf ihren Platz wegen den offenen Fenstern) und rezitierte die aktuellen Preise von Jakobsmuscheln, Rindslungenbraten, etc. Es wäre alles so unglaublich teuer. Da das nicht zog, mokierte sie sich über das Einschlafverhalten von Sonnenschein.

Kurz nach 11 Uhr verabschiedete ich mich. Am Heimweg fragte ich mich, ob ich jetzt auch so ein unmöglicher Gast wie in der Tv-Sendung wäre... Ich denke nicht. Ich versuchte heute wirklich, ihr entgegenzukommen, doch sie macht es einem wahrlich nicht leicht. Das nächste Mal sehen wir uns bei mir - Kataloge, Bücher und Nagelschere wird sie nicht finden. Was macht sie dann? Meine Küche putzen? Nein, ich vermute, sie schläft nach dem Essen einfach ein. Aber DAS schaue ich mir gerne an!

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